Datum: 27.07.2009

 

7. Lindauer Seedurchquerung

 

„Das ist heute meine Selbsttherapie“

LINDAU - Hundert Schwimmer haben es am Samstag geschafft, den Bodensee, der es ihnen nicht leicht gemacht hat, vom Eichwaldbad ins Römerbad zu durchqueren – unter ihnen Angelika Röhl. Die Schwimmabteilung des TSV 1850 Lindau und die Abteilung Fachangestellte für Bäderbetriebe der Berufsschule Lindau organisierten die Seedurchquerung.

Von unserer Mitarbeiterin Susi Donner

Der Himmel ist wolkenverhangen. Lufttemperatur 17 Grad, Wassertemperatur immerhin 20 Grad. Über 100 Schwimmer aus Nah und Fern haben sich im Eichwaldbad eingefunden und wollen den See bezwingen, der mit kippeligen Wellen vor ihnen liegt. Die 2,3 Kilometer lange Wettkampfstrecke führt, mit Bojen des LSC gut sichtbar gemacht, vom Strandbad Eichwald zur Insel ins Römerbad. Es ist windig, als sich die Gruppe der Wettkampfschwimmer aufstellt. Einige versuchen sich mit Hüpfen und Tanzen warm zu halten, andere klappern einfach ein bisschen mit den Zähnen. Aber alle lachen Wind und Wetter fröhlich entgegen – „Langstreckis“ sind bekanntlich hart im Nehmen, lieben ihre immer nasse, oft kalte Welt.

Draußen auf dem See kreuzen die Rettungsboote und Rettungsbretter der Wasserwacht, der Freiwilligen Feuerwehr des THW, der Berufschule, der Schwimmabteilung und der Schlösser- und Seenverwaltung. Sie begleiten die Schwimmer und werden sofort zur Stelle sein, falls jemand Hilfe benötigt. Ihre Aufgabe erfordert heute besonders viel Aufmerksamkeit, denn die Schwimmer sind im heftigen Gewell des Sees schwer auszumachen. An Land steht Jürgen Reich mit seinen Mannen vom Bayerischen Roten Kreuz bereit. „Ich hoffe aber natürlich im Sinne der Sportler, dass wir heute arbeitslos sind“, meint der Ausbildungsleiter. Sein Wunsch wird sich erfüllen und auch die Rettungsboote werden lediglich sechs Schwimmer, die aus Vernunftgründen aufgeben, bergen.

Die Schwimmer bekommen eine Einführung in die Veranstaltung: Als Orientierung diene ihnen symbolträchtig der Leuchtturm. Wer Schwierigkeiten hat, soll innehalten, den Arm heben, auf sich aufmerksam machen und sich von den Rettern rausfischen lassen. Falscher Ehrgeiz sei im Bodensee niemals angebracht.

Bei den Schwimmern aus der Region werden natürlich die üblichen Verdächtigen gesichtet. Susanne Braun ist dabei – sie hat einen Triathlon geplant. „Ich schwimme jetzt hinüber ins Römerbad, dann jogge ich zurück ins Eichwaldbad und fahre mit meinem Fahrrad nach Hause,“ erzählt sie übermütig und geht an den Start. Mit ihr Thomas Röhl. Für ihn müsste die Seedurchquerung ein Klacks sein – nervös scheint er trotzdem: „Weil meine Frau Angelika heute startet“, erzählt er aufgeregt – er habe sie dazu überredet und jetzt fühlt er sich natürlich dafür verantwortlich, wie es ihr ergehen wird.

„Für mich ist das heute wie eine Selbsttherapie, ich möchte meine Angst überwinden“, verrät die 47-Jährige. „Ich bin als junges Mädchen im Meer einmal in einen Quallenschwarm gekommen. Seither traue ich mich nicht mehr in Gewässer, in denen ich nicht sehe, was unter mir ist.“ Angelika schwimme sonst immer nur im Becken – „dem Thomas hinterher. Von ihm sehe ich meistens nur die Füße“, lacht sie und bekennt, dass sie eine Heidenangst habe.

Dann starten die Wettkämpfer – der erste wird, trotz der sehr anspruchsvollen Bedingungen in weniger als 30 Minuten das Römerbad erreichen. Mit zehn Minuten Abstand folgen die Freizeitschwimmer – mit ihnen Angelika. Der See ist unruhig, ab und zu regnet es auch. Die Seedurchquerung ist heute eindeutig eine echte Herausforderung.

Im Römerbad wird den ankommenden Schwimmern ein herzlicher Empfang bereitet: Denise Mayer, Pauline Schmid und Tobias Neumann – alle drei angehende Fachangestellte für Bäderbetriebe begrüßen jeden Ankömmling und legen jedem eine bunte Aloha-Halskette um. Außerdem gibt es stärkende Verpflegung und Decken für die Schwimmer.

Angelika Röhl kommt im Römerbad an. Strahlend. „Es war eine tolle Erfahrung. Etwa auf der Hälfte der Strecke habe ich meine Angst bezwungen“, erklärt sie und fällt ihrem Thomas um den Hals, der sie glücklich in den Arm nimmt. „Die Therapie ist erfolgreich“, jubelt Angelika Röhl und erzählt wie es ihr ergangen ist. Wie sie mit den Wellen gekämpft hat und mit ihrer Angst, die jetzt verschwunden sei. Sandra Albrecht vom Organisationsteam sagt: „Ich habe einen Riesenrespekt vor allen, die heute durchgekommen sind.“

Angelika Röhl hat es geschafft und wird von Denise Mayer, Pauline Schmid und Tobias Neumann – alle drei angehende Fachangestellte für Bäderbetriebe – mit „herzlichen Glückwunsch“ und einer bunten Aloha-Halskette im Römerbad begrüßt. Foto: Susi Donner

Seedurchquerung

Auf einen Blick

Ein Event, zwei Ausrichter

Die Lindauer Seedurchquerung wird seit sieben Jahren in Gemeinschaftsarbeit des TSV 1850 Lindau, Abteilung Schwimmen mit der Berufsschule Lindau, Abteilung Fachangestellte für Bäderbetriebe ausgerichtet. Die Schwimmabteilung ist dabei als Veranstalter und technische Leitung tätig. Die Berufsschule übernimmt die Organisation – von der Moderation der Veranstaltung bis zur Verpflegung der Schwimmer. Die Seedurchquerung ist dabei ein Übungsprojekt in dem alle Themen, die im Unterricht behandelt werden, in der Praxis geprobt und miteinander verknüpft werden können. Von der Wasserrettung bis zur Besucherbetreuung und zum Marketing. Vier Berufsschullehrer unterstützen die Auszubildenden.

Die Ergebnislisten werden in den nächsten Tagen veröffentlicht unter: www.lindauerschwimmer.de.

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